Islamkritik als Ausdruck kultureller Schwäche

Die kritische Auseinandersetzung mit islambezogenen Herausforderungen findet in Deutschland vor allem in Form liberaler Islamkritik statt. Diese Kritik beruht trotz vieler richtiger Beobachtungen jedoch auf einigen fragwürdigen Annahmen und ist häufig ein Ausdruck kultureller Schwäche, aus dem kaum tragfähige Ansätze zur Bewältigung der Herausforderung durch den Islam hervorgehen können.

  • Liberale Islamkritik neigt dazu, dem Islam bzw. Muslimen ausgerechnet jene kulturellen Eigenschaften vorzuhalten, die sich bei ihren Trägern vorwiegend als Stärken auswirken. Eine umfassende Weltanschauung die neben Glaubensinhalten auch kulturelle Formen prägt; starke Bindungen innerhalb der eigenen Gemeinschaft; eine deutliche Unterscheidung zwischen Eigenem und Fremden; traditionelle Familienbilder, die langfristig stabile Bindungen und günstige Bedingungen für Kinder beeinhalten; ausgeprägtes kulturelles Selbstbewußtsein und hoher sozialer Druck innerhalb der eigenen Gruppe zur Verhinderung von Assimilation und ein auf Stärke und Durchsetzungsfähigkeit beruhendes Ehrverständnis sind Faktoren, die insgesamt die Durchsetzungsfähigkeit von Muslimen als kultureller Gruppe stärken.
  • Die liberale Kritik ist nicht aufrichtig, wenn sich hinter ihr eine nichtausgesprochene Angst vor diesen Stärken verbirgt, der man nichts entgegenzusetzen hat als den Wunsch, Muslime mögen unter dem Einfluss von materiellem Wohlstand und säkularer Weltanschauung den gleichen kulturellen Auflösungsprozess durchlaufen wie europäische Gesellschaften und im Zuge dessen aufhören, eine Herausforderung für die eigene Zukunft darzustellen.

Trotz aller real vorhandenen Vielfalt innerhalb des Islams sind die oben genannten Eigenschaften kennzeichnend für einen hohen Anteil der in Deutschland und Europa lebenden Muslime, was in kulturellen Vergleichsstudien auch empirisch nachgewiesen werden kann.

Muslime haben sich als Kollektiv in Europa als zu stark erwiesen und sich häufig nicht wie zunächst erwartet in die von ihnen häufig verachteten modernen Gesellschaften Europas assimiliert, was zwangsläufig zu Konflikten führt, da sie die damit verbundenen kulturellen und politischen Systeme mit wachsendem muslimischen Bevölkerungsanteil zunehmend in Frage stellen.

Wer Europa in den bevorstehenden Konflikten behaupten will, deren Vorboten heute bereits sichtbar sind, muß daher eine Weltanschauung entwickeln oder wiederbeleben, die unter Europäern mindestens genauso große Bindungskraft erzeugen kann wie sie der Islam unter Muslimen bewirkt. Diese Weltanschauung muß zudem die Behauptung der eigenen Existenz als Kultur mindestens ebenso zweifelsfrei legitimieren, wie der Islam die Behauptung kollektiver Interessen unter Muslimen legitimiert. Gleichzeitig muß die entsprechende Bewegung Überreaktionen und unangemessenen, extremen Tendezen in den eigenen Reihen vorbeugen.

Anstelle liberaler Islamkritik erfordert die Lage somit den Aufbau einer positiven Vision eines dauerhaften Europas, das zur Selbstbehauptung fähig ist und seine innere Schwäche überwinden kann. Da der Islam bzw. muslimische Massenzuwanderung wegen ihrer Stärken eine Bedrohung darstellen und nicht wegen ihrer Schwächen, müßte diese noch zu schaffende Vision dem islamischen Gegenbild ähnlicher sein als es vielen liberalen Islamkritikern gefallen wird.

Vor allem aber erfordern die Stärken des Islams, ohne die er nicht die Herausforderung für Europa wäre die er ist, eine andere Form der Islamkritik. Liberale Islamkritik wirkt zuweilen so, als würde es jenen, die sie vorbringen, vor allem um die Bekräftigung der eigenen moralischen Überlegenheit im Angesicht ihrer tatsächlichen Schwäche gehen. Dies betrifft die Formen von Islamkritik, die sich darauf konzentrieren im Islam und bei Muslimen Belege für kulturelle Rückständigkeit zu finden und zu verurteilen. Eine sinnvolle Islamkritik würde sich aber vor allem mit den Stärken des Islams auseinandersetzen und entweder von ihnen lernen oder Wege finden, mit diesen umzugehen. (ts)

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